Weit rechts und voll antifeministisch

January 21st, 2016

Die “Rückbesinnung auf die Bibel” sei reaktionär, antifeministisch und antimuslimisch, giftet Autorin Mely Kiyak in der früher mal seriösen Wochenzeitung “Die Zeit”. In ihrer Schmähschrift “Mit der Fatwa für Feminismus” nennt sie die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK), der auch ich angehöre, “eine rechte, antifeministische, evangelikale Vereinigung” – was wohl an “kriminelle Vereinigung” erinnern soll. Frau Kiyak geht es erkennbar nicht um sachliche Kritik, sondern um Herabwürdigung. Sie will beschimpfen, und das tut sie u. a. mit völlig aus dem Zusammenhang gerissenen und obendrein sinnverkehrt verwendeten Zitaten.

Sachlich bleiben kann Frau Kiyak ohnehin nicht. Thilo Sarrazin, dessen rechte Gesichtshälfte nach einer Tumor-OP teilweise gelähmt ist, nannte sie mal eine “lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur”. Das ist ihr Stil, und ihre Arbeitsweise ist oberflächlich, denn zu viele Hintergrundinformationen sind für das Verfassen von Diffamierungen gar nicht notwendig, sie schaden nur. “Lange kramen, suchen und recherchieren” musste sie auch diesmal nicht, denn was sie brauchte, fand sie mit zwei Klicks: selk.de -> Downloads -> Texte. Dort erfährt man dann auch: die angebliche “Fatwa” zur Frauenordination, Frau Kiyak sind solche falschen Gleichsetzungen wichtig, stammt aus einem “Pro- und Contra-Papier”, in dem die wesentlichen Argumente für und gegen eine Ordination von Frauen festgehalten sind. Dass sie ausgerechnet eine lutherische Bekenntniskirche “evangelikal” nennt, spricht für sich.

“Kleiner britischer Konservativer” nannte mich mal einer, selbstverständlich in der Absicht, mir eine verbale Kopfnuss zu verpassen. Lange her, schon über 20 Jahre, und ich zitiere es heute noch gerne, denn ich fand die Botschaft, du bist anders als wir, mit dieser Formulierung schmeichelhaft rübergebracht. Nun lerne ich auf Zeit Online, dass ich einer rechten, antifeministischen, evangelikalen Vereinigung angehöre. Abgesehen vom Attribut evangelikal, da sträuben sich mir die theologischen Nackenhaare, fühle ich mich erneut geschmeichelt. Definitiv ticke ich anders als Frau Kiyak, und deshalb bin ich in einer religiös und vor allem intellektuell begründeten Parallelgesellschaft gut aufgehoben.

Klar, nimmt man Margot Käßmann als Maß und Mitte, dann steht die SELK natürlich weit rechts und ist voll antifeministisch, weil es keine Ordination von Frauen gibt. Der Feminismus sieht im traditionellen Christentum einen Konkurrenten und Herausforderer, mit dem keine Kompromisse möglich sind. Aber die Kirche ist schließlich keine zeitgeistige Manifestation politischer Wunschvorstellungen – “Schwärmertum” hat Luther dazu gesagt.

Für mich sind Tagespolitik und gesellschaftlicher Opportunismus kein Gottesdienst, und ich halte die Kirche nicht für den Spiegel der Gesellschaft – sonst wäre ich Mitglied der EKD. Mir ist es auch überhaupt nicht peinlich, mit Kristina Schröder und Erika Steinbach Münzen in ein und denselben Klingelbeutel zu werfen. Peinlich wäre mir, von Jürgen Fliege bepredigt zu werden, denn für Schar­la­ta­ne­rie und Augenwischerei habe ich nichts übrig.

Absurd ist es übrigens, wenn man im längst geschlossenen Kommentarbereich unter Frau Kiyaks Polemik ständig auf Löschungen stößt: “Entfernt. Bleiben Sie sachlich und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion/th” oder “Entfernt. Bleiben Sie sachlich und verzichten Sie auf persönliche Angriffe. Die Redaktion/th”, liest man da. So macht sich die Zeit zum Postillion.

Links

Mely Kiyak: Mit der Fatwa für Feminismus, Zeit Online
Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche
Ev. – Luth. St. Christophorus-Gemeinde Siegen
Papier mit pro- und contra-Argumenten zur Ordination von Frauen

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