Nur ein Gerücht?
Was an Verschwörungstheorien falsch ist, kommt auf den Kontext an, wie man am Beispiel einer Verschwörungstheorie aus dem Matthäusevangelium gut darlegen kann.
Im 28. Kapitel, Verse 11-15 (LU) heißt es:
« Als sie aber hingingen, siehe, da kamen einige von der Wache in die Stadt und verkündeten den Hohenpriestern alles, was geschehen war. Und die kamen mit den Ältesten zusammen, hielten Rat und gaben den Soldaten viel Geld und sprachen: Sagt, seine Jünger sind in der Nacht gekommen und haben ihn gestohlen, während wir schliefen. Und wenn es dem Statthalter zu Ohren kommt, wollen wir ihn beschwichtigen und dafür sorgen, dass ihr nichts zu fürchten habt. Sie nahmen das Geld und taten, wie sie angewiesen waren. Und dies Gerücht hat sich bei Juden verbreitet bis auf den heutigen Tag. »
Einflussreiche und finanziell potenter Leute
Die Hohenpriester und die Ältesten, das gesamte Establishment also, waren nicht gerade begeistert vom Auftreten und Wirken Jesu Christi. Er war ihnen ein Dorn im Auge und sie wollten ihn los werden. Dem Judas hatten sie 30 Silberstücke gegeben, damit er die Tempelpolizei zu ihm führte. Die nahm ihn fest, was schließlich zu seiner Verurteilung und Kreuzigung durch die Römer führte. Ob die Hohenpriester und die Ältesten nun an Jesu Auferstehung glaubten, oder ob es ihnen nur darum ging, Jesus nicht zur Legende werden zu lassen, auf alle Fälle wollten sie ihn Tod und begraben wissen: Ende des Kapitels. Alles andere hätte zu einer weiteren Erosion ihres Ansehens und ihres Einflusses geführt.
Ich fasse das mal zusammen: Die Verschwörungstheorie besagt, dass die Anhängerschaft Jesu dessen Leichnam habe verschwinden lassen, um das unterstellte Scheitern seiner Mission zu kaschieren. Ersonnen wurde die Verschwörungstheorie von einer Gruppe einflussreicher und finanziell potenter Leute, die ein großes Interesse daran hatten, dass aus dem überschaubaren Kreis der ersten Christen keine Massenbewegung wird. Dafür waren sie bereit, über Leichen zu gehen.
Die Urheber bleiben im Verborgenen
Wie das Beispiel der oben genannten Verschwörungstheorie zeigt, braucht man neben böser Absicht auch Geld und Einfluss, um so eine Erzählung in die Welt zu setzen. Man muss ein paar Leute bestechen, um vermeintliche Zeugen zu haben, und dazu bedarf es einer gewissen Autorität. Verschwörungstheorien funktionieren am besten von oben nach unten. Umgekehrt haben sie kaum eine Chance. Schon das spricht übrigens für die Echtheit der biblischen Erzählung, aber das nur am Rande. Sind Verschwörungstheorien einmal in der Welt, lassen sie sich nicht mehr kontrollieren. Wie bei der Stillen Post variieren sie und verändern sich. Eine Lehrautorität gibt es selbstverständlich nicht. Die Urheber bleiben im Verborgenen.
Damals wie heute heute wird die Auferstehung Jesu bestritten, im Islam beispielsweise. Mohammed konnte mit einem gekreuzigten Gott nichts anfangen, Johann Wolfgang von Goethe spottete über das « Jammerbild am Holze » und der evangelische Theologe Gerd Lüdemann behauptete, dass Jesu Leichnam « verwest und verrottet » sei. Die Gründe sind verschieden, aber alle lehnen die biblischen Berichte strikt ab. Die Jünger konnten es am Anfang ja selber kaum glauben. Eine Verschwörungstheorie muss also grundsätzlich vorstellbar sein. Eine an den Haaren herbeigezogene Geschichte, die erkennbar blanker Unsinn ist, hat keine Chance weitererzählt zu werden. Waren Mohammed, Goethe und Lüdemann Aluhutträger? Zumindest vertraten sie die von den damaligen Verschwörern gewünschte Deutung: Die Christen sagen nicht die Wahrheit.
Es geht um die Deutungshoheit
Bei einer Verschwörungstheorie geht es um die Deutungshoheit, und die versucht eine Gruppe einflussreicher und finanziell potenter Leute mittels Verleumdung zu erlangen. Eine Verschwörungstheorie ist nichts anderes als organisierte Verleumdung, damals wie heute. Auch heute werden Leute bestochen, zusätzlich werden Social-Media-Kanäle missbraucht, irreführende Videos produziert und Fake News verbreitet. Immer geht es darum, einer anderen Gruppe von Menschen zu schaden, sie als dumm und unglaubwürdig, gar als gewaltbereit und gefährlich hinzustellen.
Verleumderische Impulse
Verschwörungstheorien kann man leicht aufsitzen, denn es ist immer auch etwas Wahres daran, nur sind die Fakten pervertiert. Das Ziel ist Verleumdung, und deshalb kann es auch eine Verschwörungstheorie sein, andere als Verschwörungstheoretiker zu bezeichnen. Während der Corona-Pandemie war das besonders offenkundig: Wer die Maßnahmen kritisierte und auf seiner Entscheidungsfreiheit bestand, galt plötzlich als rechts, Antisemit und sogar als Staatsfeind. Die Vorwürfe waren orchestriert: Pharmaindustrie, Politik, Presse und Kirche im Gleichklang. Ein Zufall war das nicht. Den verleumderischen Impulsen sind viele gefolgt.
Fazit: Was an Verschwörungstheorien falsch ist, kommt auf den Kontext an. Dort wo eine Gruppe von Menschen massiv gedisst, beschuldigt und verächtlich gemacht wird, sollte man immer genau hinsehen. Stimmen die Fakten, sind die gezogenen Schlüsse richtig? Verschwörungstheorien sind so gestrickt, dass man leicht darauf hereinfallen kann, weil man nur allzu gerne auf der richtigen, auf der vernünftigen Seite steht.